arturo ui in weimar – die große ingolf müller-beck show

In Der aufhaltsame Aufstieg des Arturo Ui beschreibt Bertolt Brecht den Weg Hitlers von den Anfängen der nationalsozialistischen Bewegung in der Weimarer Republik bis zur Annexion Österreichs. Der Hitlerfaschismus hat auch in der Stadt Weimar seine Spuren hinterlassen. Den Besucher führt der Weg vom Bahnhof ins Stadtzentrum vorbei am von den Nazis erbauten Gauforum und vor den Toren der Stadt befindet sich auf dem Ettersberg im ehemaligen Konzentrationslager die Gedenkstätte Buchenwald. Grund genug also, um im Deutschen Nationaltheater Weimar nicht nur Goethe und Schiller, sondern auch Brecht zu spielen. Am Pfingstwochenende hatte Arturo Ui in der Regie von Christoph Mehler Premiere.

Ingolf Müller-Beck ist Ui © Kerstin Schomburg
Ingolf Müller-Beck ist Ui © Kerstin Schomburg

Bekannt ist das Stück auch durch zwei Inszenierungen geworden, die von zwei genialen Titeldarstellern geprägt waren (bzw. immer noch sind): Ekkehard Schall (Regie: Peter Palitzsch und Manfred Wekwerth) und Martin Wuttke (Regie: Heiner Müller). In Weimar nun hat der ehemalige Leipziger Centraltheaterschauspieler Ingolf Müller-Beck die Titelrolle übernommen.

Während sich der Zuschauersaal noch füllt, ist schon einer der Beteiligten auf der Bühne zu sehen – ein Deutscher Schäferhund. Er kommt auch später noch einmal zum Einsatz, allerdings wird mir die Bedeutung seiner Rolle nicht so ganz klar. Dann auch schon Auftritt Ingolf Müller-Beck, der auch gleich noch den Ansager übernommen hat. In den ersten Szenen geht es um die wirtschaftlichen Sorgen der Gemüsehändler und hier wird vor allem im Chor gesprochen, eine Methode, die doch recht schnell ermüdend wirkt.

Macht nichts, die großen Szenen kommen noch. Da dürfen auch die anderen Schauspieler mal glänzen, so Fridolin Sandmeyer als Givola und Jan Viethen als Dogsborough in einer schönen Szene, in der es um Dogsboroughs Testament geht oder Katharina Hackhausen als Schauspielerin, die Ui unterrichtet. Insgesamt aber – doch das liegt wohl am Stück – ist es die Rolle des Arturo Ui, die dem Schauspieler das meiste „Futter“ bietet. So natürlich in der erwähnten Schauspieler-Szene. Nachdem Ui Unterricht im Sprechen, Stehen, Sitzen und Gehen erhalten hat, bekommt er am Ende eine Gasmaske übergestülpt, unter der seine Tiraden schließlich zu unverständlichem Geifern werden. Kurz zuvor gab es eine Szene, die so nicht bei Brecht steht und deshalb das Missfallen der Brecht-Erben erregen könnte: In einem Auftritt, der sehr an Charlie Chaplins Tanz mit der Weltkugel im „Großen Diktator“ erinnert, führt Ui einen Tanz auf, wobei der Globus durch einen Kohlkopf ersetzt wird („Bist du klein geworden!“ wundert sich Ui), den er am Ende auf dem Boden zerbersten lässt.

Die Inszenierung zeigt Freude am Detail, so in der Szene, in der Ernesto Roma von Giri und Givola ermordet wird. Da formt Fridolin Sandmeyer mit Armen und Beinen aus seinem Körper ein Hakenkreuz, eine Pose, die durch Martin Wuttke bekannt wurde. Irgendwann fällt im Zusammenhang mit dem Gemüsehandel das Wort Lager. „Lager? Hat es hier nicht gegeben.“, heißt es dann auf der Bühne, eine Äußerung, die wahrscheinlich manch älterem Weimarer bekannt vorkommt.

Ein durchaus spannender und anregender Abend also, wenn auch manchmal ein wenig zu sehr zu Erklärungen neigend. So wird in einer großen Schrifttafel über der Bühne das Geschehen auf derselben noch einmal in Schlagworten zusammengefaßt. Da fühlt man sich als Zuschauer dann doch ein bißchen unterfordert. Den positiven Gesamteindruck kann das jedoch nicht schmälern. Wer also wieder einmal Ingolf Müller-Beck bei einem großen Auftritt zusehen möchte, der mache sich auf den Weg nach Weimar.

Nächste Vorstellung am 18. Juni und man kommt nach der Vorstellung noch mit öffentlichen Verkehrsmitteln zurück nach Leipzig.

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